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OPEL IRONMAN Germany: So stark wie nie

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Mit einem Parforceritt hat Nina Kraft dem Ironman Germany ihren Stempel aufgedrückt und sich als Kandidatin für den ersten Sieg einer deutschen Frau auf Hawaii empfohlen ...

Wer in der zweiten Radrunde in Bergen-Enkheim gestanden hat, der muss seinen Augen nicht getraut haben. Da mühte sich mit verzerrtem Gesicht Markus Forster den Berg hinauf, der „The Beast“ getauft wurde. Nichts besonderes. Aber dann: Eine schlappe Minute später kam schon die erste Frau. Und das war Nina Kraft. Frisch sah sie auch nicht mehr aus, fast schon wütend trat sie den Anstieg hinauf, der Helm saß wie so oft ein bisschen schief, die Lippen waren nur ein schmaler Strich.

Nina Kraft fuhr wie eine Besessene. Im Schwimmen hat sie bei den Frauen ohnehin niemanden zu fürchten, auf dem Velo ist sie auch als Überdurchschnittliche bekannt, nur das Laufen war immer so eine Problemdisziplin. Also muss auf dem Rad gearbeitet werden. Sie hat diese Schufterei beinahe übertrieben, sagte sie später, 5:03,20 war der Split, so schnell war niemand. Aber für diese Flucht hat sie büßen müssen, denn der Lauf am Mainufer, in der Hitze und vorangepeitscht von den aufgedrehten Zuschauern, der hat gewaltige Kraft gekostet. „Es war eine Qual. Die Neunstundengrenze zu unterbieten, war mir irgendwann egal. Ich wollte nur ins Ziel kommen.“

Das war Nina Kraft auch anzusehen, trotzdem war sie nicht zu stoppen. 3:07,17 kämpfte sie sich den Marathon herunter, so schnell wie keine zweite Frau – das hätte es bei ihr früher nicht gegeben. Vielleicht liegt es am neuen Lauftrainer, vielleicht liegt es daran, dass Nina Krafts Ehrgeiz endlich Früchte trägt. 9:03,11 Stunden im Ziel ist eine Weltklassezeit, nur 13 Männer waren in Frankfurt schneller als die gelernte Technische Zeichnerin aus Braunschweig. Sie ist keine einfache Athletin, verschiedene Trainer haben das erleben müssen, sie ist extrem ehrgeizig, trainiert hart und ist vielleicht geprägt durch einen zähen Karriereverlauf.

Nina Kraft war immer ein bisschen das Aschenputtel des deutschen Triathlons, finanziell stets am Limit, und mit einer leichten Scheu vor medienwirksamen Auftritten. Nun ist sie die unangefochtene Nummer eins im Land, vielleicht ist sie sogar die Option auf den ersten deutschen Frauensieg auf Hawaii. Ihre Frankfurter Zeit wurde gleich als Weltjahresbestleistung ausgerufen, aber auch hier lag man falsch. Denn vorderhand hat die eingebürgerte Österreicherin Kate Allen vor Wochenfrist in Klagenfurt mit 8:54 das bessere Resultat geboten. Hätte man es in Kärnten aber mit der Streckenvermessung und dem Windschattenfahren etwas genauer genommen, dann wäre so eine Zeit wohl niemals zustande gekommen.

In Frankfurt ging es hinter Kraft nur um die Plätze, selbst eine Lori Bowden (Zweite/9:22,24) war verblüfft, wie stark die deutsche Konkurrentin aufgetreten war. Es hat sie zum Glück niemand gefragt, ob sie mit dem Namen Tina Walter etwas anfangen kann. Die Antwort wäre bestimmt eine ausweichende geworden. Kein Wunder, denn die 34-Jährige aus Feuerbach bei Stuttgart hat in diesem Jahr vornehmlich als Duathletin reüssiert – der dritte Rang (9:27,48) beim Ironman Germany ist deswegen ein richtiger Hammer.

Tina Walter ist die Mutter zweier schulpflichtiger Kinder, das ist im Spitzentriathlon so selten wie Fahrräder mit Oberrohrschaltungen. Es muss ein hartes Rennen für sie gewesen sein, als einzige der Spitzenathletinnen hat Tina Walter es nicht geschafft, zur Pressekonferenz zu kommen. Vielleicht war es für sie auch nur ein Tag zum stillen Genießen. Nina Kraft war zwar anwesend, aber gewohnt kurz angebunden. Sie haben ihre starken Leistungen sprechen lassen. Das muss reichen.
Zaehler

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