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Grundlagen: Die Funktionsweise des Herzens

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Dem Herzen kommt im Kreislauf eine zentrale Funktion zu. Es stellt die Energie bereit, mit der Blut von der venösen Seite auf die arterielle Seite des Kreislaufs gepumpt wird. In funktioneller Hinsicht ...

Dieser Artikel ist der zweite in unserer Mini-Serie von vier Beiträgen zu den physiologischen Grundlagen des Ausdauer-Trainings. Annette Gasper, die Autorin, veranstaltet nicht nur die Swimpower Seminare zusammen mit Steve Tarpinian aus den USA, sie ist auch Cheftrainerin bei den DSW 12 Triathleten im Bereich Schwimmen, der Trainingsgruppe von Nicole und Lothar Leder.

Bereits auf unseren Seiten erschienen ist das Thema „Energiebereitstellung im Körper“ (s. unten). Die demnächst hier veröffentlichten Artikel beschäftigen sich mit Bedeutung und Umgang mit Laktattests und Maximale Sauerstoffaufnahme.

Die Funktionsweise des Herzens
Dem Herzen kommt im Kreislauf eine zentrale Funktion zu. Es stellt die Energie bereit, mit der Blut von der venösen Seite auf die arterielle Seite des Kreislaufs gepumpt wird. In funktioneller Hinsicht besteht das Herz aus zwei getrennten Pumpsystemen, wobei der rechten und linken Herzkammer je ein Vorhof vorgeschaltet ist. Die linke Herzhälfte pumpt das mit Sauerstoff gesättigte Blut durch Kontraktion des linken Ventrikels über die Aorta in den Körperkreislauf, während die rechte Herzhälfte das venöse Blut durch Kontraktion des rechten Ventrikels in den Lungenkreislauf pumpt. Die Kontraktion der rechten und linken Herzhälfte erfolgt gleichzeitig. Die Pumpwirkung des Herzens entsteht aus der rhythmischen Abfolge von Kontraktion (Systole) und Entspannung (Diastole). In der Diastole werden die Herzkammern mit Blut gefüllt, in der Systole wird ein Teil des in den Ventrikeln vorhandenen Blutes, das Schlagvolumen (normalerweise ca. 70 ml), ausgeworfen (siehe Abbildung 1: Herz-Kreislaufsystem).

Der Herzmuskel arbeitet autonom. Wie der Skelettmuskel erfolgt die Kontraktion aufgrund einer elektrischen Erregung, die beim Herz vom Sinusknoten ausgeht (im rechten Vorhof, Impulsfrequenz von ca. 60-90 Impulsen/Minute). Die Erregung breitet sich radiär über die Vorhofmuskulatur aus und gelangt so zum AV-Knoten (Vorhof-Kammer-Grenze). Durch den AV-Knoten wird die Weiterleitung kurz verlangsamt und breitet sich danach wieder beschleunigt über das His-Bündel und die Purkinje-Fasern über die Kammern aus. Im Falle eines Ausfalls des Sinusknoten kann der AV-Knoten die Funktion der Erregungsbildung übernehmen (ca. 40-50 Impulse/Minute). Sogar die untergeordneten Strukturen (His-Bündel usw.) können im Falle eines Ausfalls von Sinus-Knoten und AV-Knoten die Erregungsbildung übernehmen (ca. 30 – 40 Impulse/Minute). Die normale Ruheherzfrequenz beträgt etwa 60- 90 Schläge pro Minute, wobei jeder Impuls des Erregungszentrums einen Herzschlag bewirkt. Eine Herzfrequenz (HF) von unter 60 Schlägen wird Bradykardie genannt (Ausdauersport kann zu einer Ruheherzfrequenz von 30-50 Schlägen führen, man spricht dann von einer Sportbradykardie). Steigt die Frequenz über 100 Schläge pro Minute, so spricht man von einer Tachykardie. Die Erregungsbildung wird vom vegetativen Nervensystem beeinflusst. Der Parasympathikus verlangsamt die Frequenz, hat durch seine geringe Innervation der Kammern jedoch nur schwachen Einfluss auf eine Abnahme der Herzkraft. Der Sympathikus beschleunigt dagegen die Herzfrequenz (z.B. unter Belastung) und bewirkt durch seine Ausbreitung über die Kammern zusätzlich eine Zunahme der Herzkraft (siehe Abbildung 2: Erregungsbildung- und -leitungssystem des Herzens).

Bereits vor Arbeitsbeginn kann das Verhalten der Ruheherzfrequenz durch psychische wie auch emotionale Faktoren beeinflusst werden. Das Auftreten einer „Vorstartreaktion“ bewirkt durch eine zentrale Innervation der vegetativen Kreislaufzentren eine Steigerung des Sympathikotonus. Daraus resultiert eine vermehrte Ausschüttung von Noradrenalin, was eine Herzfrequenzerhöhung bewirkt.

Die Leistung des Herzens
Die Pumpleistung des Herzens wird durch das Herzminutenvolumen (HMV) definiert. Unter dem Herzminutenvolumen versteht man die Menge an Blut in Litern, die in einer Minute aus dem Herz in den Körperkreislauf ausgeworfen wird. Es errechnet sich durch die Multiplikation des Auswurfvolumens mit der Schlagfrequenz.

Das Herzminutenvolumen kann unter körperlicher Belastung von normalerweise 5 Liter/min bis auf 30 Liter/min ansteigen. Bei Belastung (erhöhter Sauerstoffbedarf) reagiert das Herz mit einer Erhöhung des Herzminutenvolumens (HMV = Herzfrequenz x Schlagvolumen). Mehr Blut bedeutet auch mehr Sauerstoff für den Körper. Beim Untrainierten liegt die Grenze beim 4-5 fachen des Ruhewerts. Die HMV-Steigerung geschieht hauptsächlich durch eine Steigerung der Herzfrequenz auf das 2 bis 2,5fache, das Schlagvolumen wird auf das 1,5 bis 2fache erhöht. Der Blutdruck steigt bis etwa RR 200/90 mm Hg an. Die Kenngrößen des Herzens bei einem Trainierten im Vergleich zum Untrainierten sind nachfolgend in der Abbildung dargestellt (siehe Abbildung 3: Kenngrößen des Herzens).

Das Sportherz
Das Sportherz ist mit einem Gewicht von ca. 500g deutlich größer und leistungsfähiger als das normale Herz des Untrainierten mit einem Gewicht von ca. 300g. Es galt lange Zeit in der Literatur als krankhaft geschädigt und wurde als Folge einer Überlastung angesehen. Heute weiß man, das Sportherz ist eine gesunde Adaptation auf die Ausdauerbelastung und bildet die Grundlage für die Leistungsfähigkeit des Athleten. Die Größenzunahme des Herzens ist auf das vergrößerte Herz- und Schlagvolumen zurückzuführen.

Im Gegensatz zur krankhaften einseitigen Herzvergrößerung ist das Sportherz symmetrisch vergrößert. Das Herzvolumen eines untrainierten Mannes beträgt im Mittel 800 ml. Bei Ausdauertrainierten sind Herzvolumina von 1000-1700 ml gemessen worden. Das Sportherz arbeitet im unteren Belastungsbereich mit geringerem Frequenz- und Kontraktilitätsanstieg als das normale Herz und verbraucht dadurch bis zu 25% weniger Sauerstoff. Nach Beendigung des Leistungssports bilden sich die trainingsbedingten Anpassungen im Regelfall zurück. Durch das systematisch betriebene Ausdauertraining verbessert sich auch die Kapillarisierung in der beanspruchten Muskulatur. Im Kapillargebiet erfolgt der Stoff- und Flüssigkeitsaustausch zwischen Blut und Gewebe. Durch das Ausdauertraining wird die Arbeitsweise des gesamten Körpers ökonomisiert. Herzvolumen und physische Ausdauerfähigkeit korrelieren positiv miteinander. Die besten Ausdauersportler haben die größten Herzen.
Zaehler

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