tri2b.com

Michael Weiss: Der Glaube an den Superkompensationseffekt und die eigene Stärke

Beliebteste Artikel

Vor zwei Wochen erreichte der österreichische Triathlet Michael Weiss Rang 13 beim Ironman Hawaii. Neben den sportlichen Erfolgen im Sommer, u. a. mit den Siegen beim Ironman St. George und bei der Challenge Walchsee, stand der Gumboldskirchener zuletzt vor allem durch Dopinganschuldigung im Zuge des Skandals um die Wiener Blutbank Humanplasma in den Schlagzeilen. Das Verfahren (tri2b.com berichtete, siehe verwandte Artikel) wurde von der NADA-Austria aus Mangel an Beweisen Ende September eingestellt. Jetzt geht der Vorjahresdritte beim Xterra Maui an den Start und möchte wieder einen Platz auf dem Podium erkämpfen.

tri2b.com: Am kommenden Sonntag ist der Xterra auf Maui, Die Weltmeisterschaften, um es genauer zu beschreiben. Nach deinem Start beim Ironman in Kona, nun der zweite harte Wettkampf hier auf den Inseln innerhalb ?von zwei Wochen. Bist Du schon wieder vollständig regeneriert und profitierst sogar von dem Trainingseffekt oder ist man gegenüber Athleten, wie Sebastian Kienle oder Felix Schumann, die hier frisch an den Start gehen ein Nachteil? 
Michael Weiss (M.W.) Rein physiologisch betrachtet kann man zwei Wochen nach einem Ironman, vor allem wegen des Marathons, natürlich noch nicht ganz regeneriert sein. Das braucht sicher vier bis sechs Wochen. Aber daran darf man einfach nicht denken- ich probiere einfach das beste daraus zu machen. Letztes Jahr habe ich die Stimmung und die Party nach dem Ironman auf Big Island genossen und es mir zusammen mit meiner Freundin, Rachel einfach gut gehen – "Abschalten" war die Devise. Trotzdem Dennoch habe ich wieder ganz locker jeden Tag trainiert, um die Regeneration neben Massagen auch aktiv zu beschleunigen. Bis jetzt verspürte ich nach jedem meiner vier Ironman Rennen einen "Schub". Ja- ich glaube an den Superkompensationseffekt nach einer Ironman Belastung. Außerdem kann man in einem Wettkampf meiner Meinung nach eine gewisse Schmerzgrenze nicht überschreiten- es tut dann einfach weh. Ein Xterra schmerzt eben viel kürzer, als ein Ironman… Ich muss Maui so nehmen wie es kommt. Daher mache ich mir keine Gedanken, ob Athleten die "frisch" ins Rennen starten einen Vorteil haben oder nicht. 

tri2b.com: Die Härte des Rennens auf Maui ist ähnlich aber doch ganz anders als Kona. Welche Disziplin ist für dich hier die größere Herausforderung? 
M.W.: Natürlich ist für mich das Schwimmen noch immer die größte Hürde. Ich arbeite jedoch hart daran, und habe mich in Kona innerhalb eines Jahres um 5:30′ verbessert. Daher bin ich zuversichtlich, dass die 1,5 km am Sonntag kein "big deal" sein werden – ich rechne mit zwei bis maximal drei Minuten Rückstand auf die Spitzengruppe. Der große Unterschied hier in Maui im Vergleich zu Kona ist, dass man viel mehr den Elementen bzw. der Natur ausgesetzt ist… alles Faktoren, die XTERRA für mich so reizvoll machen. Du musst einfach stets mit allem rechnen. Am Mountainbike, meiner Paradedisziplin, kann dir ein Defekt oder gar ein Sturz das ganze Rennen versauen. Deshalb ist ein cleverer, eher verhaltener Fahrstil angesagt. Selbst beim Laufen, einem 11 km Trailrun, kann noch alles passieren. Man muss noch voll "da" sein, die richtige Linie finden- ohne Konzentration geht da gar nichts. Selbst Stürze passieren beim Laufen, sogar den besten der Welt: Obwohl Nico Lebrun vor ein paar Jahren gewann und Weltmeister wurde, stürzte er wenige Meter vor dem Ziel auf einer der rutschigen und scharfkantigen Felspassagen entlang der Küste, und brach sich die Hüfte… Ich denke nicht, dass so etwas beim Runterlaufen ins "EnergyLab" schon jemals passiert ist! 

tri2b.com: Nun bist Du im vergangenen Jahr hier dritter geworden, ist ein Podiumsplatz wieder drin? 
M.W.: Ich habe großen Respekt vor meinen Konkurrenten, welche alle Topathleten sind, und denke, dass Maui so stark besetzt ist wie schon lange nicht mehr. Wie schon zuvor angesprochen, kann man sich- selbst wenn man in Führung liegt- bis zum Schluss nicht "sicher" sein…."Maui is an own beast". Max Renko, ein guter Freund, schrieb mir vor wenigen Tagen per E-Mail aus Australien: "Glück brauchst du nicht, nur Pech darfst du keines haben." Ich bin ein Wettkampftyp und stehe bei jedem Rennen am Start, mit dem Willen zu gewinnen. Trotzdem: Es möge der Beste gewinnen. 

tri2b.com: Es gibt am Sonntag auch eine spezielle Wertung der Doppelstarter von Ironman und Xterra. Ist das für dich ein weiterer Anreiz, denn viele tun sich dies Strapazen von zwei Rennen in zwei Wochen ja nicht an? 
M.W.: Klar habe ich mir die Kona Ergebnisliste genauer angesehen und weiß, dass ich "nur" sieben Minuten hinter Eneko Llanos liege. Über die Doppelwertung mache ich mir jedoch keine Gedanken- es ergibt sich am Ende ohnehin alles von selbst. 

tri2b.com: Eneko Llanos ist der Titelverteidiger, wird er zu schlagen sein? 
M.W.: Man muss immer mit Eneko rechnen, da er ein großartiger Athlet mit viel Erfahrung ist- speziell hier auf Maui. Ich habe sehr viel Respekt vor ihm. Am Sonntag wird er einer von vielen Titelanwärtern sein: Conrad Stolz ist stark drauf, die deutsche Armada, und natürlich die "French connection"… Alles Leute, die Eneko schlagen können… inklusive mir. 

tri2b.com: Haben dich die Ereignisse um die Dopingvorwürfe (gegen Michael Weiss wurde im Sommer von der NADA-Austria ein Verfahren eingeleitet, dass Ende September eingestellt wurde) in deiner Vorbereitung gehindert, vor allem mental und kann man das in einem Rennen dann abstreifen und sich voll konzentrieren? Ist das abgehakt? 
M.W.: Die letzten Monate waren sicher nicht einfach für mich – es kann diesbezüglich in Zukunft nur besser werden. Trotz dieser mentalen Zusatzbelastung bewies ich mit reinem Gewissen bei jedem Wettkampf, dass ich zur Weltspitze dazu gehöre, und zeigte somit Stärke. Natürlich bin ich froh, dass ich frei gesprochen wurde, und versuche möglichst keinen Gedanken mehr dafür aufzubringen, denn das raubt mir nur Energie. 

tri2b.com: Danke, dass Du dir kurzfristig Zeit genommen hast. Viel Erfolg! 

Das Interview führte unser tri2b.com Redakteur Vorort, Stefan Drexl

Beliebteste Artikel