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OPEL IRONMAN Germany: Der Mann, der in Flammen steht

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Stefan Holzner sorgt beim Ironman Germany für einen großartigen Außenseitersieg und den wichtigsten Erfolg seiner Karriere ...

Man hatte fast den Eindruck, als hätte Stefan Holzner Angst, aus einem Traum zu erwachen, als er sich der Ziellinie näherte. Immer langsamer wurde sein Schritt, beinahe schüchtern schlich er den leichten Anstieg empor, wo ihn die Menschen auf dem Römerberg mit einem Jubel empfingen, den Holzner sein Leben lang nicht vergessen wird. Er griff sich an den Kopf, schloss die Augen – und als er das Zielband erreichte, schien er es zu streicheln. Kein Traum. Wirklichkeit. Sieg!

Stefan Holzner aus Bad Reichenhall hat am Sonntag in Frankfurt nach 8:12:29 Stunden den zweiten Ironman Germany gewonnen, und gehört seit 15.30 Uhr zur ersten Liga über die Distanz 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen. Dabei waren für die ersten Plätze andere vorgesehen: Peter Reid , Cameron Brown, vielleicht noch Thomas Hellriegel und Jürgen Zäck. Holzner ist nach 50 Kilometer auf der Radstrecke an die Spitze gefahren, „und auf einmal waren die anderen weg“.

Er ist famos durch die Wetterau geradelt, Hellriegel, Reid und Brown und sogar der verblüffend fitte Steffen Liebetrau (später 12./9:00,31) hingen im Schlepptau. Spätestens ab Kilometer 120 war es aber eine souveräne Solofahrt, wie im Rausch glitt er über die autofreien Straßen rund um Frankfurt. Am Ende standen mit 4:25,36 Stunden die beste Radzeit aller rund 1800 Athleten und etwas über sieben Minuten Vorsprung, mit denen er auf die Laufstrecke am Main einbog.

Laufen ist allerdings nicht die Stärke von Holzner, dahinter kamen mit Brown und Reid die Männer, die das viel besser können. Die Hitze liegt ihm auch nicht, „und ich habe immer auf meinen Einbruch gewartet“. Aber der kam nicht, „wenn man vorne ist und 2000 Leute wollen dich kriegen, dann motiviert das ungeheuer“. Holzner lief und lief, sein kleiner Sohn an der Strecke brach in Tränen aus, weil der Papa nicht anhalten wollte um Hallo zu sagen. Der Papa war auf dem Weg zu einem großen Sieg, dem größten in seiner Laufbahn.

Bayerischer Jugendmeister im Tennis war Holzner einmal, er hat die Ironman in Neuseeland (1994, 1995) gewonnen, 1998 war er in Österreich Erster, Zweiter im vergangenen Jahr auf Lanzarote und in Kanada – trotzdem bleiben fünf Jahre ohne großen Sieg. Richtig klein muss er sich vorgekommen sein, als er an der Startlinie stand, „schließlich habe ich lange nichts mehr gewonnen“. Von wegen: Vor vier Wochen dominierte er in Bonn – ebenfalls nach einer famosen Radfahrt. Und an diesem 13. Juli 2003 „hat er in Flammen gestanden“, wie es Peter Reid formulierte, der Vierter wurde (8:21,59).

Für Cameron Brown reichte es noch für Rang zwei (8:15,51), vor Jürgen Zäck (8:20,12), der ein absurdes Rennen hinter sich hatte: Beim Schwimmen im Langener Waldsee wurde ihm früh die Brille vom Kopf gerissen, dann die Badekappe. Spät startete er auf die Radstrecke, fuhr dann „wie der Teufel“ und in der ersten Runden mit einem kernigen 42er Schnitt, brach dann völlig ein und ging sage und schreibe 14 Minuten nach Holzner auf den Laufparcours, um dort mit 2:48,51 den Marathon seines Lebens zu rennen. 37 Lebens- und 20 Wettkampfjahre sollen zu alt sein? Zäck hat wieder einmal bewiesen, dass mit ihm wohl erst dann nicht mehr zu rechnen ist, wenn er offiziell sein Karriere-Ende bekannt gibt.

Der Altmeister wirkte später trotzdem leicht zerknirscht, dieses Raddesaster musste ihm zu schaffen gemacht haben. „Normalerweise liegen Holzner, Reid und Brown zehn Minuten hinter mir.“ Weil das am Sonntag nicht so war, hatte Zäck ein „mental schwieriges“ Rennen zu durchleiden, der Frustpegel habe zwischendurch extrem nach unten ausgeschlagen. Später versuchte sich Zäck gelöst zu geben: „Ich habe meinen Hawaii-Platz sicher, und deswegen bin ich jetzt happy“, sagte er zwar, aber sein Gesicht passte nicht dazu.

Nach Hawaii darf auch Uwe Widmann fahren, am Sonntag sicherte er sich den letzten der möglichen Qualifikationsplätze für die Weltmeisterschaft im Oktober. Als Siebter (8:39,29) musste der Vorjahresdritte aus Wildsachsen im Taunus anerkennen, dass das Rennen 2003 eine Klasse besser besetzt war, Ralf Eggerts achter Rang (8:39,33/nach einem bösen Raddefekt) war schon nicht mehr gut genug für einen Hawaii-Slot.

Defekt? Da war doch noch einer? Ja, wieder einmal muss hier Normann Stadler genannt werden. Auf deutschen Straßen tut sich der „Norminator“, wie er in Australien einmal getauft wurde, offenbar extrem schwer. Oder er hat für hiesige Straßen (Roth zählt dazu) extrem sensibles Radmaterial. Im vorigen Jahr zerbarst ein Schnellspanner – Aufgabe. 2003 machte wollte ein Schalthebel nicht so, wie Stadler wollte. Er kam dann immerhin als Sechster ins Ziel (8:33,07); aber so langsam hat sein regelmäßiges Scheitern bei Rennen im eigenen Land etwas Tragisches. Und etwas Geheimnisvolles.

Die Mühen von Thomas Hellriegel (Fünfter/8:22,32) seinem schon wie verzweifelt bemühten Ehrentitel vom ersten und einzigen deutschen Hawaiisieger (1997) gerecht zu werden, zählen hier dazu. Mit Markus Forster (mäßiger Neunter/8:44,12) und Holzner bildet Hellriegel das neue Opel-Team – offenbar ist aber nur Holzner der Mann, der von dieser neuen Mannschaft profitiert. Geradezu schwärmerisch berichtet vom Gruppengefühl, das er nun erleben darf, von großartigen Trainingslagern mit Hellriegel auf Lanzarote und Teneriffa. Im vorigen Jahr hat er auf Hawaii die fünftbeste Radzeit abgeliefert – um dann in der ungeliebten Hitze in der Lavawüste auf Platz zwanzig durchgereicht zu werden.

In Frankfurt hat er bewiesen, dass das nicht alles gewesen sein kann: Stefan Holzner hat der Hitze getrotzt, sich als kompletter Triathlet präsentiert und einen wunderbaren Tag erlebt. Nur sein Sohn wird das anders sehen.
Zaehler

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