Heißt die neue Queen von Kona Badmann?

von Sebastian Moll für tri2b.com für tri2b.com | 17.10.2002 um 09:58
Natascha Badmann ist an der absoluten Spitze ihres Sports. Dreimal hat sie den Ironman in Hawaii gewonnen, den wichtigsten und schwersten Triathlon der Welt. Und kaum jemand zweifelt daran, dass Natascha Badmann am Samstag zum vierten Mal den Ironman gewinnt. Nur selten gibt es Athleten, die ihren Sport derart dominieren...

Captain Cook. Natascha Badmann hat einen dicht gedrängten Terminkalender dieser Tage, den Tagen vor dem Ironman auf Hawaii. Aus einem für ein Fernsehinterview schall-abgedichteten Konferenzraum eines edlen Strandhotels wird sie von einem ganzen Schwarm emsigen Medienvolks herausgeschoben, hinunter ans Meer, wo Modeaufnahmen für einen Sponsor gemacht werden. Auf dem Fußweg über den akkurat gepflegt Rasen wenigstens hat sie Zeit für ein paar Fragen. "Wenn man an der Spitze ist, hat man eben Verpflichtungen", entschuldigt sich Badmanns Trainer und Lebenspartner Toni Hasler dafür, dass Natascha so schwer zu fassen ist. Natascha Badmann ist an der absoluten Spitze ihres Sports. Dreimal hat sie den Ironman in Hawaii gewonnen, den wichtigsten und schwersten Triathlon der Welt. Kurzdistanz-Weltmeisterin war sie auch schon, Duathlon-Weltmeisterin, vielfache Schweizermeisterin über alle Streckenlängen. Und kaum jemand zweifelt daran, dass Natascha Badmann am Samstag zum vierten Mal den Ironman gewinnt. Nur selten gibt es Athleten, die ihren Sport derart dominieren. Langweilig finden Badmann und Hasler diese Überlegenheit jedoch nicht: "Wieso langweilig? Das ist doch schön!", meint der Trainer. Und Badmann selbst möchte von einer Dominanz gar nicht reden: "Der Samstag ist ein langer Tag. Da kann viel passieren", versucht sie ihre Favoritenrolle zu relativieren. Man müsse nur an 1995 denken, sagt sie, als die achtfache Siegerin Paula Newby-Fraser klar in Führung liegend in Sichtweite des Zieles kollabierte und sich auf allen vieren gerade noch als Vierte ins Ziel schleppte. An diesen Vorfall denkt Natascha Badmann bei ihrer Vorbereitung oft. "Der Ironman ist eine Gratwanderung zwischen Dehydrierung und Hungerast", sagt sie. Weniger sportmedizinisch ausgedrückt - der Ironman ist in der Hauptsache ein Rennen gegen sich selbst. Jedenfalls sieht Natascha Badmann das so: "Ich bin in dem Sinn eine Egoistin. Ich denke vorher und während dem Rennen nicht an andere. Ich konzentriere mich ganz auf mich selbst. Ich kenne keine Gegnerinnen, nur Mit-Sportlerinnen." In sich gekehrt, auf einer Art neun Stunden langen spirituellen Reise, so sieht Natascha Badmann den Ironman. Die anderen um sie herum sind keine Konkurrenten sondern Meditierende wie sie selbst. Und weil das spirituelle Erlebnis Ironman nirgends so intensiv ist, wie auf Hawaii, konzentriert sich Badmann auch seit zwei Jahren ganz auf dieses eine Rennen: "Die Natur ist hier so überwältigend", sagt sie, "es gibt einen aktiven Vulkan und 24 Klimazonen auf einer einzigen Insel." Diese Kulisse verleihe dem Ironman auf Hawaii einen speziellen "Spirit", sagt Badmann. Und diesen Spirit Jahr für Jahr zu erleben, sei das, was sie antreibe und motiviere. Toni Hasler ist da ein wenig handfester. "Ich bin der rationale Teil dieser Partnerschaft, Natascha ist der emotionale." Deshalb sieht er die Konzentration auf Hawaii auch unter weit trivialeren Gesichtspunkten. "Natascha hat in Europa und in der Schweiz viele Rennen gewonnen. Aber die Sponsoren haben sich erst so richtig für uns interessiert, als Natascha 1996 in Hawaii Zweite wurde." Im Triathlon-Sport zählt vor allem Hawaii, auch in Europa und alles auf Sieg in Hawaii zu setzen ist ein Risiko, das einzugehen sich lohnt. Deshalb arbeitet Hasler für Natascha Badmann auch ein rigides Trainingsprogramm aus, in dem alles dem einen großen Tag auf Big Island unterworfen ist. Und dieses Programm wird gnadenlos durchgezogen: "Wir kennen kein Wetter", sagt Hasler etwa. "Wenn sechs Stunden Rad auf dem Plan stehen, werden sechs Stunden gefahren. Auch wenn es in Strömen regnet." Ob Natascha Badmann ein solches Training auch als spirituelle Erfahrung verbuchen kann, war nicht zu erfahren. Ebenso wenig, ob sie auch nach einer Niederlage den Triathlon noch als Pfad der Erleuchtung sehen würde. Und vermutlich wird auch der Samstag in dieser Hinsicht keine Aufklärung bringen. Denn den einsamen Dialog mit sich selbst, an der Spitze des Feldes, beherrscht Natascha Badmann perfekt.
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