Ironman WM Nizza: Laura Philipp krönt sich zur "reine de Nice"

von Sven Weidner für tri2b.com | 22.09.2024 um 16:07
In einem spannenden deutsch-britischen Duell, das den Erwartungen voll gerecht wurde, sicherte sich Laura Philipp den Titel der Ironman-Weltmeisterin in Nizza. Bis Kilometer 10 des Marathons lieferten sich Philipp und die Britin Kat Matthews einen packenden Schlagabtausch. Doch dann setzte Philipp mit einer entschlossenen Attacke den entscheidenden Akzent und konnte sich kontinuierlich absetzen. Bei Kilometer 26 wurde Matthews durch Krämpfe gebremst, womit die Entscheidung endgültig fiel. Chelsea Sodaro lief souverän auf den dritten Platz. Für die deutschen Athletinnen Anne Haug und Anne Reischmann endete das Rennen frühzeitig: Haug musste nach einem Reifenschaden aufgeben, während Reischmann nach einem Sturz ihren Traum von den Top 10 begraben musste. Titelverteidigerin Lucy Charles-Barclay konnte verletzungsbedingt erst gar nicht an den Start gehen.

Fenella Langridge dominierte das Schwimmen, kam als Erste aus dem Wasser, gefolgt von den einigen Favoritinnen wie die Britin Kat Matthews und der Amerikanerin Chelsea Sodaro. Die deutschen Favoritinnen Laura Philipp und Anne Haug kamen in der zweiten Gruppe rund vier Minuten hinter der Führenden aus dem Wasser. Haug war laut eigener Aussage zufrieden mit ihrer Position und genau dort, wo sie sein wollte. Doch das Schicksal hatte andere Pläne: Nur wenige Meter nach dem Start der Radstrecke riss der Mantel ihres Reifens. Haug kämpfte verzweifelt 25 Minuten lang, um das Problem zu beheben, doch ohne Ersatz blieb ihr nichts anderes übrig, als das Rennen aufzugeben. Damit endete ihr Rennen auf bittere Weise.

 

Laura Philipp zündet den Turbo am Berg, Reischmann mit Sturz

 

Laura Philipp hingegen drehte auf der Radstrecke richtig auf. Im ersten Anstieg zum Col de l’Êcre zeigte sie ihre Stärke und kämpfte sich nach vorne zur bis dahin führenden Lokalmataodrin Marjolaine Pierré. Bald schloss auch die Britin Kat Matthews zum Führungsduo um Philipp auf. Während Pierré dem hohen Tempo Tribut zollen musste und zurückfiel, lieferten sich Philipp und Matthews ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen. In den Anstiegen bewies Philipp ihre Kletterqualitäten und konnte sich von Matthews absetzen, doch in den Abfahrten holte die Britin stets auf. Ein Schreckmoment ereignete sich für Philipp auf dem Rückweg nach Nizza, als sie sich in einer Linkskurve versteuerte und auf den Gehweg ausweichen musste, aber einen Sturz glücklicherweise vermeiden konnte. Für eine andere Deutsche verlief solch ein Schreckmoment nicht so glimpflich. Bei der Ravensburgerin Anne Reischmann löste sich eine Flasche vom Fahrrad, welche vor ihr Vorderrad fiel. Beim Überfahren kam Sie dann zu Fall und musste das Rennen aufgeben. An der Spitze hingegen kamen beide Athletinnen gemeinsam in die zweite Wechselzone, wobei Matthews einen etwas schnelleren Wechsel hinlegte. Philipp verlor auf dem Weg aus der Wechselzone ihr Stirnband und ihre Sonnenbrille, was sie einige Sekunden kostete.

 

 Vom Ironwar zum dominanten Sieg 

 

Mit fast sieben Minuten Rückstand erreichte die Französin Marjolaine Pierè die Wechselzone, dicht gefolgt von der starken Läuferin Chelsea Sodaro, die für den Marathon als eine der Favoritinnen galt. Die ersten 10 Kilometern des Marathons lieferten sich Matthews und Philipp einen packenden „Ironwar“, wobei die Führung einige Male hin und her wechselte. Doch nach dem Wendepunkt der ersten Runde forcierte Philipp das Tempo und konnte sich allmählich von Matthews absetzen. Sodaro schob sich währenddessen auf den dritten Platz vor, indem sie die junge Französin überholte. Im weiteren Verlauf des Marathons wurden die Strapazen der Radstrecke deutlich sichtbar. Matthews musste ab Kilometer 26 immer wieder Gehpausen einlegen, geplagt von muskulären Problemen im rechten Oberschenkel. Auch Sodaros Schritte verkürzten sich im weiteren Verlauf des Marathons immer weiter. Laura Philipp hingegen war nicht zu stoppen. Mit eiserner Entschlossenheit zog sie bis Kilometer 39 voll durch, ohne auch nur eine Miene zu verziehen. Erst als sie die 40-Kilometer-Marke passierte, zeichnete sich ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht ab – ihr war klar, dass ihr der Sieg nicht mehr zu nehmen war.

 

 Laura Philipp im Ziel "glücklich und sprachlos"

 

Mit einem Vorsprung von acht Minuten krönte sich Laura Philipp zur Ironman-Weltmeisterin 2024 in Nizza. Matthews erreichte als Zweite das Ziel, während Sodaro mit 19 Minuten Rückstand den dritten Platz belegte. Im Ziel zeigte sich Philipp überwältigt und sprachlos vor Glück. Sie gab zu, dass im Rennen nicht alles glatt lief – sie verlor ihren Flaschenhalter auf der Radstrecke und ihre Sonnenbrille und ihr Stirnband beim Laufen. Doch mit einer unerschütterlichen Mentalität sagte sie sich immer wieder: „Ich muss diese Chance ergreifen und nach vorne schauen.“